Zerbrechlich
Einen ersten Hinweis auf diesen Zusammenhang hat mir vor vielen Jahren eine Künstlerkollegin gegeben.
In ihren Augen waren die fragilen Stelen abstrakte Selbstbildnisse welche ich von mir gemacht hätte. Selbstbildnisse die die Frage stellten, wie viel ich wohl tragen, ertragen könne, bevor ich zerbrechen würde.
Zu jenem Zeitpunkt habe ich das als interessante Meinungsäußerung betrachtet, die ich aber nicht wirklich ernst nahm. Für mich waren die Stelen eher künstlerische Versuche zu technischen Aspekten des Steins, ein Spiel mit der Zugfestigkeit, geboren aus meiner Steinmetz-Ausbildung.
Im Nachhinein denke ich aber, dass diese Künstlerin etwas erkannt haben könnte, was ich damals nicht gesehen habe.
Ob ich mit diesen Skulpturen wirklich ein Abbild meiner Selbst gemacht habe, kann ich auch heute nicht wirklich beantworten. Was aber wohl stimmt, ist dass diese abstrakten Skulpturen, wenn auch von mir nicht so beabsichtigt, einen Bezug zur menschlichen Gestalt haben.
Ein Beleg dafür könnte sein, dass mir im Lauf der Jahre von Betrachtern immer wieder gesagt wurde, dass meine fragilen Stelen sie an die großen Steinköpfe der Osterinsel (obwohl die nicht arg zerbrechlich sind) also an eine menschliche Form erinnern würden.
Zurück zur Zerbrechlichkeit.
Bei der Skulptur Srebrenica lastet ein schwerer Quader aus Norit auf schlanken Säulen, symbolisch für die Stadt und ihre Einwohner, die diese Last tragen, ertragen müssen. Wie lange sie das können, ist nicht gewiss.
Das Zerbrechen ist gewissermaßen schon vorprogrammiert, und letztendlich auf katastrophale und verbrecherische Weise ja auch eingetreten.
Mehr zur Geschichte und Bilder dieser Skulptur
Ja, und zerbrechlich sind natürlich auch meine Marmorblüten.
Das bedeutet, ob eine Skulptur Tonnen schwer ist, oder nur wenige Gramm wiegt, zieht sich das Thema Zerbrechlichkeit durch einen großen Teil meines Werks.
Und wenn ich genau darüber nachdenke, gibt es noch ein weiteres Thema: Menschen und die Folgen ihres Handelns.
Das ist unabhängig davon wie groß oder klein all diese Skulpturen sind, ob deren Darstellung figurativ ist, wie bei meinem KZ Mahnmal oder ob sie abstrakt erahnt werden können, wie bei den fragilen Stelen.
Aber auch da wo keines der beiden der Fall ist, wo eine menschliche Form weder deutlich ist, noch sinnvollerweise in eine Skulptur interpretiert werden kann, wie bei Srebrenica oder den Marmorblüten, sind Menschen und ihr Handeln immanent fast immer Teil meines Werks.