Meine Skulptur für die Ukraine
Eine Einladung von der ukrainischen Botschaft
Ende Mai erhielt ich eine E-Mail von der ukrainischen Botschaft in Berlin.
Darin lud mich die Botschaftsrätin für Kultur, Alisa Podolyak, ein, an einem Kunstprojekt zur Unterstützung der Ukraine teilzunehmen.
Dem vorausgegangen war ein Angebot von mir, in der Ukraine, in Luftschutzräumen, als Zeichen der Solidarität, eine Ausstellung der Blumen aus meiner Schutzraum Ausstellung (auch hier im Blog) durchzuführen.
Ich glaube, dass dies den Verantwortlichen in der Ukraine zu riskant erschien, oder sie schlichtweg keine Möglichkeit dafür sahen.
Kunst die Leben rettet
Stattdessen gab es jetzt die Einladung zum ArtArmor Projekt.
Bei diesem Projekt sollen kugelsichere Westen, beziehungsweise Teile davon, die auf dem Schlachtfeld Leben gerettet haben, aber danach für den Einsatz nicht mehr zu gebrauchen waren, in Kunstobjekte umgewandelt werden.
Diese Kunstobjekte sollen versteigert und alle Erlöse aus den Auktionen für den Kauf von Schutzausrüstung für ukrainische Soldaten, sowie für Minenräumgerät gespendet werden.
Auf diese Weise würde Kunst buchstäblich Leben retten.
Ich war von dieser Idee begeistert und sagte sofort zu.
Auswahl der Schutzweste
Aus einer Reihe von gebrauchten Schutzwesten konnte ich eine Weste aussuchen, die dann künstlerisch transformiert werden sollte.
Hinweis für Künstlerkollegen: Es gibt nach wie vor Schutzwesten, aus denen Ihr Kunstwerke machen könnt.
Wie ukrainische Künstler auf den Krieg reagieren, und was das mit meiner Schutzweste zu tun hat
Kurz bevor ich die Einladung der Botschaftsrätin erhielt, war mir von einer ukrainischen Künstlerkollegin die aus Mariupol fliehen musste, der Link zu einem Video geschickt worden, in dem ukrainische Künstler darüber berichten, wie der russische Angriffskrieg ihr Leben von einem Tag auf den anderen komplett verändert hat.
Besonders interessant für mich war natürlich der Teil des Videos, in dem Stahlbildhauer berichten, wie sie, anstatt Kunstwerke zu schaffen, ihre Fähigkeiten dazu nutzen, schusssichere Westen herzustellen.
Der Teil mit den Bildhauern geht ungefähr ab Minute 8.00 des Videos los.
Ich suchte mir eine Weste aus eben solch einer künstlerisch / kunsthandwerklichen Produktion aus.
Zum einen weil mir der Gedanke gefiel, die Arbeit meiner ukrainischen Bildhauerkollegen, von Kunst zu Schutzwesten aufzunehmen und wieder zur Kunst zurückzuführen (man könnte sagen, eine Abwandlung des Schwerter zu Pflugscharen Gedankens).
Zum anderen bestanden diese ersten, handgefertigten Schutzwesten aus Stahl und nicht aus einem für mich exotischem Hightech Material wie zum Beispiel Kevlar, mit dem ich nicht viel anzufangen wusste.
Das Herzstück der Skulptur, die Schutzplatte
Es dauerte eine Weile, bis die Schutzweste aus einem Depot in Polen zu mir kam.
Letztlich stellte sich heraus, dass es sich, zumindest bei dem was ich mir ausgesucht hatte, nicht um eine komplette Schutzweste handelte, sondern um eine mit einer offenbar splitterabwehrenden Textilschicht (von der Optik her ein bisschen wie Filz, aber erheblich widerstandsfähiger) versehene Stahlplatte, die in eine Tragetasche, wie in einen kleinen, auf der Brust getragenen Rucksack eingelegt wurde.
Ehrlich gesagt, hatte ich mir zuvor nie Gedanken darüber gemacht, wie eine Schutzweste funktioniert und war deswegen erst mal erstaunt darüber.
Letztlich tat dies meiner Arbeit aber keinen Abbruch, sondern erleichterte diese sogar.
Die ersten Blütenrohlinge aus Marmor
Meine Idee war, hinter der Schutzweste, aus einer Stahlplatte als Basis, Marmorblumen wachsen zu lassen.
Diese Marmorblumen wuchsen gewissermaßen im Schutz der Schutzweste (oder in diesem Fall hinter der schusssicheren Stahlplatte). Gleichzeitig sollten sie aber über diese hinaus und herum wachsen und die Schutzplatte hochheben.
Ich kannte bereits die Abmessungen der Stahlplatte und hatte, während ich noch auf diese wartete, begonnen, einige in der Größe passende Blumen aus Marmor zu machen.
Die Blumenstengel werden auf die Grundplatte geschweißt
Insgesamt sollten es 16 unterschiedliche Blumen werden.
Ich ließ also 16 Blumenstengel auf die Basisplatte schweißen, arrangierte die Schutzplatte meinen Vorstellungen entsprechend und ließ sie dann an einige dieser Stengel schweißen.
Damit hatte ich das Grundgerüst, und konnte beginnen, den Rest der Blüten zu schaffen.
Die dann auf die Stengel gesteckt werden.
Eine typisch ukrainische Blume?
Bei den Blumen meiner Schutzraumausstellung hatte ich mich an Blumen des Allgäus und generell des Voralpenlandes orientiert.
Natürlich überlegte ich, ob es möglich und sinnvoll wäre, typisch ukrainische Blumen zu finden. Allerdings waren meine Recherchen dazu nicht sehr ergiebig.
Die Ukraine ist wirklich ein sehr großes Land mit den unterschiedlichsten Klima- und Vegetationszonen und außer der Sonnenblume, die man als Nationalblume betrachten kann, fand ich keine für die ganze Ukraine typische Blume.
Letztlich fand ich den Gedanken besser, eben diese Vielfalt bei den Blumen abzubilden, sinnbildlich für die Vielfalt der Ukraine, ihrer Menschen und Landschaften.
Und jetzt braucht die Skulptur noch einen Namen
Noch ein weiteres Problem gab es zu lösen, dass der Namensgebung.
Meine Grundidee war ja die, dass die Marmorblumen, symbolisch für die Ukraine, geschützt von der Schutzplatte wachsen und blühen konnten, dass sie aber über diese hinaus wüchsen, und sie tragen und unterstützen sollten.
Wenn man so will, ein Gleichnis für die ukrainische Gesellschaft (oder zumindest die große Mehrheit davon), die sich auch gegen jede zu Beginn des russischen Angriffskriegs von vielen angenommene Wahrscheinlichkeit gemeinsam und mit bemerkenswerten Erfolgen zur Wehr setzt.
Letztlich habe ich mich für einen englischen Titel entschieden, der meine Idee kurz und prägnant zum Ausdruck bringt. "Against all Odds"
Man könnte das, mit "Gegen alle Widrigkeiten" oder "Gegen jede Wahrscheinlichkeit" übersetzen. Allerdings klingt das für mich etwas sperrig,